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[075] Kupferhütte Sangerhausen


Historische Erzschmelzhütte in der Nähe von Sangerhausen; produzierte von 1681 bis 1887. Die alte Gebäudesubstanz ist noch heute zu besichtigen.



Objektbeschreibung

Nach Wiederaufnahme des Sangerhäuser Bergbaues in den Jahren um 1645 kommt es 1679 - 1681 zum Bau einer eigenen Hütte zum Schmelzen des Erzes durch die Sangerhäuser Gewerkschaft.

Der Komplex „Kupferhütte Sangerhausen besteht aus einer Reihe von Gebäuden, die sich beiderseits der Landstraße von Sangerhausen nach Wippra befinden. Auf der Sangerhausen zugewandten Westseite sind noch die Reste der Schlackenhalde der Hütte  vorhanden. Energie für das Betreiben dieser Hütte lieferte die Nutzung des Gonnaer Baches. Die Hütte, die mit 3 Schachtöfen arbeitete, erzeugte im Jahr etwa 40 - 60 t Kupfer. Bedingt durch die Qualität des vorlaufenden Erzes enthielt das Sangerhäuser Schwarzkupfer nur wenig Silber, so dass eine Entsilberung, die bei der Kupfererzeugung im  benachbarten Mansfelder Reviers erheblichen Gewinn erbrachte, unwirtschaftlich war.

Im Jahre 1835 (Grundsteinlegung 25.05.1835) entsteht südlich der alten Hütte ein klassizistischer Neubau, der heute auch noch als Ruine sehr eindrucksvoll ist. Die Inbetriebnahme erfolgte 1836. Auffällig am Gebäude sind die gotisierenden Fensterformen.

Gebäude der Kupferhütte von Südwesten (1966)  (Archiv Vollrath)

Die Hütte war bis 1887 in Betrieb. Sie wurde stillgelegt, als die Erzvorräte aus dem bereits 1885 beendeten Kupferschieferabbau aufgebraucht waren. Die Hütte betrieb 3 Öfen, deren Reste noch 1975 vorhanden waren.  Diese Öfen waren entwicklungsbedingt größer und leistungsfähiger als die alten. Die Schmelzleistung der Hütte stieg damit auf  das Doppelte.

Nickelerzfunde im Bergbaueinzugsbereich ermöglichten 1851 auch die Herstellung von Nickelstein, der zur Nickelgewinnung abgegeben wurde. Im Jahre 1885 wurde der Sangerhäuser Bergbau eingestellt und darauf hin am 20. September 1887 auch die Verhüttung. Die Hütte erschmolz in den Jahren von 1860 bis 1885 aus der Erzmenge von 211 898 t eine Rohkupfermenge von 5 085,6 t, d. s. im Durchschnitt 195,6 t  Reinkupfer pro Jahr.

Die eindrucksvolle Ruine der alten Hütte wurde entkernt und dient bis heute als Abstellhalle. Um das Gebäude sind noch Schlackenhalden und Reste alter Wasserleitungsgräben zu finden. Heute (2006) wird das Objekt Kupferhütte von einer Spedition genutzt und ist in sehr desolatem Zustand. 

Es handelt sich vermutlich um das älteste Industrierelikt dieser Region. Es ist (2006) Wirtschaftsgebäude des Eigentümers, der in einem der beiden zum Gesamtensemble gehörenden Wohngebäude (18. und 19. Jahrhundert) ansässig ist. Im zweiten Wohngebäude befindet sich nach Um- und Anbauten ein Heim der Waisenhausstiftung.

Unmittelbar nördlich des Hüttengebäudes befand sich die Vorgängerin dieser Hütte. Das  Gebäude wurde später mit einem kleinen Glockenturm versehen und zum Bethaus umfunktioniert.

Kupferhütte Sangerhausen - Bethaus der Bergleute, Standort der älteren Hütte -1960 (Archiv Vollrath)
Halde der Kupferhütte Sangerhausen  (Foto Sauerzapfe 2006)

Zahlen und Fakten

Die technischen Anlagen der alten Kupferschieferschmelzhütten (Rohhütten) bestanden im 17. Jahrhundert aus

  • dem Hüttengebäude mit mehreren Schachtöfen von denen jeweils die Hälfte in Betrieb war, während die andere Hälfte repariert wurde,
  • ferner aus einer Radstube mit 1 – 2 Wasserrädern, Wasserzu- und -abflußgraben,
  • Kohleschuppen, Ställen
  • und ausreichend Gelände für die Schlackehalde, Schieferbrennplatz und Steinröststadel.

Zur Hütte gehörten weitestgehend auch die Schächte, teils in Kooperation mit anderen Hütten angelegt und betrieben.

Vor dem Verschmelzen im Schachtofen war der Schiefer zur Entfernung der organischen Kohlenstoffverbindungen zu „brennen“. Dies geschah in großen 50 – 200 t Haufen im Freien. Ein Haufen brannte 6 – 15 Wochen je nach Witterungsbedingungen.

Bedingt durch die Schwerschmelzigkeit des Schiefers und die begrenzte Leistungsfähigkeit der Blasebälge war dieses Verschmelzen in den ersten Jahrhunderten nur in sogenannten Sumpföfen möglich, deren Konstruktion es gestattete die zähe Schmelze bei bedarf ohne Unterbrechung des Betriebes aus den Öfen herauszuziehen. In den Öfen des 15. und 16. Jahrhunderts floss die Schmelze schon selbständig aus dem „ Auge“ in die davor befindlichen Vorherde. Die Schmelze, bestehend aus Schlacke und Kupferstein trennte sich auf Grund ihres spezifischen Gewichtes in den Vorherden. Im Stein fanden sich etwa 90% der mit dem Schiefer vorlaufenden Metallverbindungen (Kupfer, Nickel, Kobalt, Silber und Eisen und eine Reihe seltener Metalle) wieder.

Insgesamt sind im Kupferschiefer über 50 Elemente des periodischen Systems enthalten, von denen im Verlauf der Nutzungsperiode des Kupferschiefer 23 Elemente gewonnen wurden.

Um das Kupfer selbst zu gewinnen musste der Kupferstein, im wesentlichem bestehend aus Kupfer, Eisen und Schwefel, „geröstet“ werden. Das geschah anfänglich in offenen Haufen, später in Röstöfen, kleinen Schachtöfen ähnlich. Das fertige Röstgut, eine Mischung aus Kupfer- und Eisenoxiden wurde dann wieder in Schachtöfen reduzierend eingeschmolzen wobei Schwarzkupfer mit einem Kupfergehalt von 95 – 96 % entstand. Schwarzkupfer mit mehr als 0,2% Silber ging zur Entsilberung. Kupfer mit geringeren Gehalten an Silber wurde gleich auf den Rohhütten zu Marktware verarbeitet. Solches geschah auf der Sangerhäuer Kuperhütte, bedingt durch das Vorlaufen von silberarmen Kupferschiefererz.

Im Verlauf des 17. und 18. Jahrhunderts kam es auch auf den Hütten zu einer ständigen Weiterentwicklung der Öfen. So erreichte man um 1850 mit dem „hohen“ Ofen auch einen Erzdurchsatz von 20 t/Tag.


Zeittafel

[075] Zeitpunkt bzw.  von  bis Ereignis
  1645   Wiederaufnahme des Sangerhäuser Bergbaus
       
  1677   Gründung der Sangerhäuser Gewekschaft.
       
  1679 1681 Bau einer Schmelzhütte.
       
  1835   Hüttenneubau südlich der alten Hütte.
       
  1885   Einstellung des Sangerhäuser Bergbaus
       
  1887   Einstellung der Verhüttung
       
       (Letzte Aktualisierung: Februar 2019)
       

Bildergalerie

 

 

Kupferhütte Sangerhausen von Nordosten - 1975 (Archiv Vollrath)
Kupferhütte Sangerhausen Bethaus der Bergleute, Standort der älteren Hütte -1960 (Archiv Vollrath)
Kupferhütte Sangerhausen von Südwesten - 1966 (Archiv Vollrath)
Kupferhütte Sangerhausen von Nordwesten - 1975 (Archiv Vollrath)
Halde des Thomas-Münzer-Schachtes von der Kupferhütte gesehen (Foto Sauerzapfe 2006)
Gebäudereste auf dem Gelände der Kupferhütte Sangerhausen (Foto Sauerzapfe 2006)
Halde der Kupferhütte Sangerhausen (Foto Sauerzapfe 2006)

Weitere Informationen

  • Standortbeschreibung:

    Das Objekt liegt direkt an der Straße Sangerhausen – Wippra am Ortsausgang Sangerhausen.

  • Geodaten:
    51°29'24.78"N 11°18'36.76"E
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